Von Großkonzern bis zur kleinen Praxis für Ergotherapie – diverser hätten wir uns die Hintergründe der Teilnehmerinnen und Teilnehmer unserer Summer School „Selbstorganisation“ nicht wünschen können. Immerhin lebt die School davon, dass alle Beteiligten ihre Erlebnisse und Erfahrungsstände aus ganz verschiedenen Kontexten mit in den gemeinsamen Workshoptag einbringen.
Eines unserer Key-Learnings aus dem Beratungskontext: Für kein Team und keine Organisation ist der Weg in eine selbstorganisierte Organisationsstruktur oder eine agilere Arbeitsweise derselbe. Schon allein die historisch gewachsene Unternehmenskultur und die Charakteristika der einzelnen Menschen erfordern für jeden Case spezielle Maßnahmen. Was aber immer voranbringt, sind Impulse von außen durch Austausch, Inspiration und Einblick in manchen bereits gemachten Fehler.
Worin sich alle Summer School Teilnehmer_innen einig waren: Veränderungsprozesse beginnen im Kleinen. Und brauchen lange. Das wollen wir oft nicht hören, bleibt aber trotzdem wahr. Was also sind dann kleine Interventionen, die man im Büroalltag ohne Risiken aber mit wertvollen Nebenwirkungen einführen kann? Als Quick-Win für Meetings fanden die Summer School Teilnehmer_innen neben verschiedenartigen Entscheidungsprozessen diese drei Impulse besonders hilfreich:
#1: Jeder darf mal: Meeting-Moderation
Situation: Montagmorgen. 9 Uhr. Weekly Meeting. Zweiten Kaffee bitte. Und ja, bei aller Liebe der Kollegen – das Bett wäre gerade ein attraktiverer Zeitgenosse. Häufig beginnt dann immer die gleiche Leier, ob einer erzählt, ob immer dieselben Nebensächlichkeiten diskutieren oder ob keiner so richtig das Meeting vorantreibt. Also Füße hoch und geschehen lassen.
Intervention: Die Moderation und das Protokoll in jedem Meeting in vier andere Hände geben.
Effekt: Jede_r moderiert anders, mit anderer Dynamik, eigenem Fokus und individuellen Impulsen. So lassen sich Routinemeetings auflockern und ganz beiläufig verschiedene Perspektiven einflechten. Gleichzeitig verteilt ihr die Verantwortung für einen ergebnisreichen Montagmorgen auf alle Teammitglieder und verstärkt die Einbindung und Wertschätzung jeder_s Einzelnen. Geheimtipp: Je müder man ist, desto dringender sollte man die Moderation übernehmen. Bester Motivationspush!
#2: Nicht so schnell: Verständnis vs. Reaktion
Situation: Ihr kennt das sicher. Bevor man überhaupt die grandiose Idee zu Ende ausgesprochen hat, atmet schon jemand in der Runde laut ein, um dringende Bedenken zu äußern: keine Zeit, zu viel zu tun, alles schon mal probiert und überhaupt – draußen regnet es. Manchmal ist Bauchgefühl und impulsive Meinungsäußerung sehr hilfreich. Aber in größeren Gruppen tötet das den Keim eines spannenden Beitrags oft schon bei der Aussaht.
Intervention: Reaktionen von der Klärung des Sachverhalts oder des Vorschlags trennen. Heißt: Input erfolgt. Und dann dürfen nur Verständnisfragen gestellt werden. Meinungen und Bewertungen werden hart abmoderiert. Erst wenn alle Rückfragen geklärt sind und ein gemeinsames Verständnis zum Input besteht, darf darauf reagiert werden.
Effekt: Es ist beeindruckend, wie oft bewertende Reaktionen erfolgen, die auf Unverständnis des eigentlichen Vorschlags beruhen. Oder weil einzelne Worte es bei jemandem klingeln lassen. Oder weil jemand gerade nicht aufnahmefähig ist für Neues. Ein paar Sekunden „Sacken lassen“ kann da ganz neue Perspektiven eröffnen.
#3: Der Reihe nach bitte: Beitragsrunde
Situation: In jeder Gruppe gibt es lautere und leisere Personen, welche die viele Ideen und Meinungen äußern oder nie etwas sagen. Was für ein Kompetenzverlust, wenn manche kluge Gedanken nie Gehör finden! Und was für ein Stimmungsdowner, wenn im Nachhinein empörte Befindlichkeiten auf dem Flur ausgetauscht werden.
Intervention: Einfach mal ganz streng reihum alle Anwesenden zu Wort kommen lassen.
Effekt: Wir hebeln das Gesetz der lautesten Stimme oder des längsten Titels aus. Alle kommen dran, alle werden gehört, alle haben die Chance, Bedenken und Ideen einzubringen – und müssen dabei Position beziehen. Das steigert das Commitment für mögliche Entscheidungen und das Verständnis der gemeinsamen Haltung.
Der Purpose von uns Summers ist es, eine menschenorientierte Arbeitswelt zu schaffen, in der wir alle mit Freude einen Beitrag für Mensch, Organisation und Gesellschaft leisten. Ein bedeutender Teil dessen ist es, Erfahrungen und Wissen mit möglichst vielen zu teilen und sich gegenseitig zu inspirieren. So entstand unser eintägiges Workshop-Format „Summer School“. Das sehr gefragte Modul „Selbstorganisation“ vom Herbst 2018 erweitern wir nun mit dem Modul „Zukunftsfähige Organisationen“ (nächster Termin am 07.03.2019) um die Themen Agilisierung von Teams und die agile Transformation von Organisationen.
Fragen egal welcher Natur zur Summer School? Sprecht uns an:
Friederike Machemer und Antonia Nooke