
Delegation ist kein Abgeben, sondern ein Gespräch
Warum die Skill-Will-Matrix helfen kann – und was sie übersieht
Delegation gehört zu den Königsdisziplinen guter Führung. Sie schafft Raum, setzt Vertrauen voraus und entwickelt Mitarbeitende. Gleichzeitig ist sie für viele Führungskräfte (FK) ein innerer Kraftakt: Was, wenn es nicht gut läuft? Was, wenn der/die andere es anders macht? Was, wenn ich’s lieber doch schnell selbst erledige?
Ein Modell, das hier gerne zur Hilfe gezogen wird, ist die Skill-Will-Matrix. Ein Klassiker aus der Führungsliteratur – und trotzdem so oft missverstanden. In diesem Artikel wollen wir genauer hinschauen: Was kann dieses Modell leisten? Wo ist sein blinder Fleck? Und wie verändert sich Delegation, wenn wir wirklich in Beziehung denken?
Skill-Will-Matrix: Schnell erklärt
Die Skill-Will-Matrix wurde von Max Landsberg eingeführt, einem britischen Managementberater und Autor des Buches "The Tao of Coaching" (1996).
Sie beschreibt vier Quadranten, die sich aus zwei Dimensionen ergeben:
- Skill: die Fähigkeit, eine Aufgabe zu bewältigen
- Will: die Motivation, diese Aufgabe übernehmen zu wollen

Je nachdem, wie stark beide Ausprägungen sind, ergeben sich vier Felder:
- High Skill / High Will: Selbstläufer. Hier darf man loslassen.
- High Skill / Low Will: Können da, aber kein Wollen – vielleicht wegen Unterforderung oder Frust.
- Low Skill / High Will: Motivation top, aber (noch) fehlende Kompetenz – hier lohnt Förderung.
- Low Skill / Low Will: Kein Können, kein Wollen – braucht Zeit, Geduld, und viel Gespräch.
Ein sinnvolles Raster, um Mitarbeitende zu typologisieren? Bitte nicht!
Gerade als Führungskraft ist die Versuchung groß, schnell zu sagen: „Mitarbeiter:in X ist im Quadranten unten rechts.“ Zack, einsortiert. Aber genau hier liegt das Risiko.
Denn: Menschen sind nicht statisch. Motivation und Kompetenz zeigen sich immer aufgabenspezifisch – und verändern sich mit Kontext, Erfahrung und Stimmung.
Statt also pauschal zu bewerten, ist es hilfreicher, je Aufgabe und je Mitarbeiter:in zu denken: Wie sieht es bei genau dieser Tätigkeit aus? Was braucht die Person hier konkret, um gut arbeiten zu können?
So wird aus der Matrix kein Klassifizierungstool, sondern ein Gesprächswerkzeug. Und Führung bleibt das, was sie sein sollte: situativ, zugewandt und in Bewegung.
Der blinde Fleck: Was die Matrix nicht zeigt
Was oft übersehen wird: Die Skill-Will-Matrix kennt nur zwei Dimensionen. Aber eine dritte spielt in der Praxis eine zentrale Rolle: Das Dürfen.

Warum das entscheidend ist? Ganz einfach:
Jemand kann motiviert sein (Will) und kompetent (Skill) – und trotzdem zurückhaltend, zögerlich oder inaktiv bleiben. Warum? Weil es informelle Regeln, unklare Rollen oder stille Botschaften gibt, die signalisieren: Eigentlich darfst du das nicht.
Vielleicht wird Verantwortung zwar formal übergeben, aber in Wirklichkeit nicht losgelassen. Vielleicht gibt es subtile Kontrolle. Oder Mikromanagement. Oder ein Klima, das Fehler eher bestraft als als Lernchance sieht.
All das verhindert echtes Empowerment. Und genau hier sind Führungskräfte gefragt.
Reflexionsfragen für Führungskräfte:
- Kann ich Verantwortung wirklich abgeben? Oder halte ich unbewusst an Kontrolle fest?
- Habe ich Vertrauen in das Entwicklungspotenzial meiner Mitarbeitenden – auch wenn sie Fehler machen?
- Gibt es Aufgaben, die ich delegiere – aber im Kopf eigentlich noch selbst kontrolliere?
- Wie sichtbar ist mein eigenes Bedürfnis nach Sicherheit – und wie wirkt das auf mein Team?
Funktionierende Delegation beginnt bei der Haltung der Führungskraft.
Fazit: Delegation braucht Beziehung
Die Skill-Will-Matrix ist ein kraftvolles Tool – wenn wir sie als Ausgangspunkt für echte Gespräche nutzen. Sie hilft, Klarheit zu schaffen über Motivation und Fähigkeiten. Aber sie reicht nicht aus.
Denn ob jemand Verantwortung wirklich übernimmt, hängt nicht nur vom Können und Wollen ab. Sondern auch vom Erlauben. Und genau hier beginnt die eigentliche Führungsarbeit: bei der Gestaltung von Vertrauen, psychologischer Sicherheit – und der eigenen Haltung zu Macht und Kontrolle.
Oder kurz gesagt:
Delegation ist nicht das Abgeben von Aufgaben. Sondern das Teilen von Verantwortung. Und das beginnt mit einem ehrlichen Gespräch – mit dem Team. Und mit dir selbst.
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